

25. Juni 2024
Vor 325 Jahren – 1699 Graf Friedrich Eberhard erbt die Grafschaft Hohenlohe-Kirchberg (Tl. II)
Verdienste
Ansiedlung von Handwerkern und Gewerbetreibenden durch Erschließung des
Vorstädtchens bis zum von Graf Philipp Ernst von Hl.-Langenburg 1639 errichteten Äußeren
Wirtshaus mit Brauerei (heute: Adler).
Eine gezielte Art „Infrastrukturprogramm“:
Baugnade: First und Schwellen zum Dach eines Neubaus werden dem Bauherren
aus gräflichen Wäldern geschenkt. Die Gült für die ersten drei Jahre wird erlassen.
Poststr. 15 wurde 1703-1705 vom Maurer Steffen Auderer als herkömmliches
Steinhaus, d. h. mit behauenen Steinen „zu 2 Wohnungen“ erbaut. Er will „neben dem
herrschaftlichen Gartenhaus, dem „äußeren Wirtshaus zu, den Markt hinaus" eine
„erste Wohnung" errichten und damit "andere Bürger animieren es ihm nach zu tun“.
(HZAN Ki 15, Regierung, 15.P. 68, (1703). Er erhielt einen Bauplatz "neben dem
Gartenhaus" und wurde "mit etlichen Freijahren begnadigt". (HZAN Ki 15, O.15.P.36
(1703)).
Bauträger Georg Kurr errichtete preiswerte einstöckige „Fertighäuser“: Doppelhaus
Poststr. 6/8; in Nr. 6: Hans Leipelsberger musste das Haus im Städtle für den Bau des
Eberhardbaus räumen; Hofjäger Beck 1708. In Nr. 8: ¼ Schneider Oheimer; er hatte
Sandelgasse 6 zu räumen. - Doppelhaus Postr. 7/9 (Metzgerei Holzinger) Der Bender
(Küfer) und Salpetersieder Georg Peter Schnerr kaufte 1708 das Fertighaus. Die
andere Hälfte gehörte Anna Rustina Bartelmeßin mit ihrem Sohn, dem Taglöhner und
Totengräber Hans Caspar Barthelmeß. – Postr. 9/11: Schuhmacher Hans Michael
Seitz kaufte 1703 von G. Kurr 1703. (KSK 1964 Neubau); Amtsknecht Georg Koch
kaufte 1706 die andere Hälfte. – Poststr. 10: (Weigel). Vom Schmidsbau (Konkurs
Schmid vor 1709) des G. Kurr kaufte Hannß Schumm, Beck (Bäcker), die linke Hälfte
vorne am Bronnen 1712 und auch das ander Teil 1712. Von diesem Backofen im UG
ging 1758 der große Stadtbrand aus. – Poststr. 11: Der Zeugmacher (Tuchmacher,
der aus gekämmter Schafwolle leichte Stoffe herstellt) Georg Fr. Eberle kaufte 1706
die von Kurr 1703 erbaute linke Haushälfte; der Glaser Georg Michael zahlte ab 1706
für den rechten Teil. – Poststr. 12: Die äußere Weth, Viehtränke und öffentlicher
Brunnen seit 1640.. – Poststr. 13: 1706 an Glaser Georg Michael Promm von Gg.
Kurr 1703. – Poststr. 14/16: Der Hofmaurer Wolf Jakob Auderer, Enkel eines
Exultanten aus dem Salzburger Land, kaufte das 1606 von Gg. Kurr erbaute linke Teil,
der Glaser Georg Friedrich Bürger die rechte Hälfte. – Der Wirt und Mezger Hans
Michael Eßlinger ließ1704 das Doppelhaus Poststr. 17/19 als Teil der Taberne und
Erbschenke "Zum weißen Löwen" errichten. Wirtschaft zum Löwen 1707 - 1739
(Lauton-Stoll). – Poststr. 18/20: Auch der Hutmacher (Huter) Friedrich Carl
Weißthanner musste 1708 sein Haus für den Neubau des Eberhardbaus räumen. Die
seit 1675 auf dem Haus im Stättlein (Fol. 36, Poss. 18, Sandelgasse 11) bestehenden
Steuerermäßigungen wurde ihm weitergewährt, nicht jedoch seinen Nachfolgern. Die
Possessoren-Nummer 19 ging auf das neue Haus über. Das repräsentative
Barockhaus wurde als Doppelhaus zusammen mit Poststr. 20 von
Generalunternehmer Kurr errichtet. – Poststr.4 wurde vom Zimmermann und
Brunnenmeister Joseph Schumm 1717 erbaut.
(Die Häuser rechts der Marktstraße säumten schon vor 1699 die damalig
Zugangsstraße zum Städtle.)
Gerberweg 1: Neu erbaute Badstube 1705, so bey dem Herrschafftl. Viehehof an
der Jagst stehet, nebst dem Vor= und Zum Theil neben anliegenden Küchengartten,
auch übrige darzugehörigen Stücken. - …
Reform der Verwaltung. Das Gültbuch von 1699 enthält nicht nur die Namen der steuerpflichtigen Bürger und die Höhe ihrer (Grund-)steuer. Als Lagerbuch beschreibt es die Lage jedes Anwesens mit den Namen der Nachbarn (Einerseits N.N., Andrerseits N.N., vorne (Vorgarten / die Straße /…), hinten (Gemüsegarten / Grasgarten / Baumgarten / Stadtmauer / die Straße…) „Wohnhaus, Scheune, Stall unter einem Dach“, die zum Wohnhaus gehörigen Grundstücke (Scheune / Stall / Backofen / Waschhaus / Acker im … neben / zwischen / an …. // Wiese im … // Weide im …), sowie den Verweis auf den Vorbesitzer im Jahr 1624 mit Angabe der Fundstelle im damaligen Gültbuch. Dieses Lagerbuch wurde von Johann Ludwig Schuster erstellt und ist bis zum Ende der Hohenlohischen Residenz Kirchberg 1847 fortgeführt. (HZAN Ki 85 Bd. 72, Fol 1-515 mit Personenregister). Renovator Schuster erstellt auch die erste Beschreibung der herrschaftlichen Güter (Schlösser, Häuser, Höfe, Wirtschaftsgebäude, Pfarr- und Schulgebäude, Kirchen, Grundstücke, Seen, Fischwasser und Wälder) (HZAN Ki 85 Bd 114). Unter Einbeziehung der Grundbücher (ab 1900) und des Primärkatasters (ab 1829) hätte daraus lückenlos ein Verzeichnis aller Hausbesitzer seit 1624 erstellt werden können, ein sog. „Hausbuch“. Leider wurde die Idee weder vom MKV noch von der Stadt unterstützt.
1699 Zunftordnung der Schuhmacher im Amt Kirchberg (HZAN Ki 25 Bü 456-11)
1700 Zunftordnung der Bäcker auf dem Land v. 10.01.1700 (HZAN Ki 25 Bü 456-2)
1702 Zunftordnung der Maurer und Zimmerleute v. 20.07.1702 (HZAN Ki 25 Bü 456-5)
Hans Friedrich Pfeiffer, 26.06.2024 Fortsetzung folgt
Photo von: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Poststrasse_3_in_Kirchberg_an_der_Jagst_%281%29.jpg
Veröffentlicht im Amtsblatt KW 27