

13. Juli 2024
"1799 beschloss Fürst Christian Friedrich Carl zu Hohenlohe-Kirchberg während einer
Vakanz der Hofprädikatur das alte, baufällige Hofpredigerhaus [Schlossstr. 8, Rathaus
rechts Hälfte] in Kirchberg durch einen Neubau ersetzen zu lassen. Um Platz für ein
repräsentatives, der Verschönerung des Städtchens dienendes Gebäude zu gewinnen,
wurde ein an das alte Hofpredigerhaus anstoßendes bürgerliches Haus gekauft und
gemeinsam mit dem Hofpredigerhaus abgerissen.
Nach Plänen des damaligen Kammerassessors und späteren Hofrats Wilhelm Hammer
wurde im Frühjahr 1800 mit dem Neubau begonnen. Die Grundsteinlegung erfolgte am
8.5.1800, nach Aufschlagen des Baus konnte am 18.06.1800 Richtfest gefeiert werden.
Die Ausbauarbeiten zogen sich bis 1804 hin. Insgesamt kostete der Bau rund 7.000
Gulden. In der Folge wurde das Haus vom jeweiligen Hofprediger bzw. Stadtpfarrer
und einem fürstlichen Beamten, zuletzt 1837 von Stadtpfarrer Bosch und Hofrat Hammer
bewohnt.
Nach dem Tode ihres Gatten, des Fürsten Georg Ludwig zu Hohenlohe-Kirchberg, bezog
die Fürstin Adelheid 1837 das nun als Witwenpalais bezeichnete Haus. Sie bewohnte
es bis zu ihrem Tode 1858. Grundlegende bauliche Veränderungen scheinen nicht
vorgenommen worden zu sein, doch waren wegen der exponierten Lage mehrfach
Renovaturen an den Fassaden erforderlich.
Nach dem Aussterben des Hauses Hohenlohe-Kirchberg 1861 entschieden sich die
Fürsten zu Hohenlohe-Oehringen und Hohenlohe-Langenburg als Erben für einen
Verkauf, da ein angemessener Mietpreis nicht erzielt werden konnte. Einziger Interessent
war die Stadt Kirchberg, die kein eigenes Rathaus besaß. Der Kaufvertrag wurde am
28.11.1862 abgeschlossen. Für 5.000 fl. ging das Haus mit einem Teil des Gartens in den
Besitz der Stadtgemeinde über." (Autor: Wilfried Beutter, HZAN (um 2002). Mit freundlicher Erlaubnis des Autors.) Quellen: HZAN Kammer Kirchberg 26 N 62; Domänenkanzlei Kirchberg 32 H 60; 33 A 19.
Der Hofprädikatur neu zugewiesen wurde der Garten hinter dem heutigen Rathaus. Der
zuvor ebenfalls zur Hofprädikatur gehörende Garten im Zwinger hinter der alten
Apotheke (Schlossstr. 6) war 1779 an den Hofapotheker Johann Wilhelm Papst verkauft
worden. (HZAN Ki 35 Bü 432. – Bü 2723: Die Erbauung eines neuen Wohnhauses für einen Hofprediger
dahier und die mit demselben verbundene Wohnung eines anderen herrschaftlichen Dieners. / 1799-
1804.)
Mit 705 Quadratschuh Sandsteinplatten ließ Fürstin Adelheid 1837 „das Hochfürstliche
Wittwen Gebäude“ in Fluren, Küche, Speiskammer, Waschküche und im Abtritt belegen
durch den Maurermeister Herrmann. (HZAN Ki unerschlossen (XIII D/24).
Von 1799 bis Georgi 1801 ist die Kirchberger Kaplanei (Kaplan Stürmer) mit der
Rektoratsstelle (1. Pfarrerstelle, Hofprediger) vereinigt. 1801 wurde „Johann Georg
Friedrich Kretschmer, Pfarrer zu Lendsiedel“ als Hofprediger investiert. Er starb 1808.
(HZAN Ki 10 Nr. 23/Lit A 215 u. 219. – Ki 100, Bü 231.)
Nur selten schwärmt ein Pfarrer derartig von seiner neuen Wohnung wie Pfarrer Bosch
im Pfarrbericht von 1831. (Landeskirchliches Archiv Stuttgart (LKAS), A 29, Bestand-Nr. 2273,
Stadtpfarrei Kirchberg, Pfarrbeschreibung Parochie Kirchberg 1831, § 25, S. 25.)
Bosch war 1828 in Kirchberg zum Stadtpfarrer befördert worden. Seit Hohenlohe 1810
württembergisch geworden war, gab es kein Konsistorium (Kirchenrat) und keine
Hofprädikatur mehr. Das Dekanat (Superintendantur) war 1806 nach Langenburg gelegt
worden. Das Konsistorium, der spätere Oberkirchenrat, saß jetzt in Stuttgart. Deshalb
durfte der neue Stadtpfarrer Bosch, der von 1821-1828 als Diakon und Präzeptor an der
Lateinschule im Schulhaus (heute: Sandelsches Museum) die etwa 20 Lateinschüler
unterrichtete, und der dort auch untergebracht war, nun das Hofpredigerhaus beziehen.
Der Teutsche Schulmeister hatte 1831 127 Kinder gleichzeitig zu unterrichten. Seine
Frau durfte ihm dabei ohne Bezahlung helfen.
Hans Friedrich Pfeiffer, 13.07.2024 Fortsetzung folgt
Photo von Google Maps
Veröffentlicht im Amtsblatt KW 29