

28. Juli 2024
1899 – Erster Plan zur Modernisierung des heutigen Pfarrhauses
Domänenrat Leffer starb am 22. März 1853. Das Haus, welches der verstorbene Hr. DomainenRath Leffer bewohnt hat, ist nun, … zur Stadtpfarreywohnung bestimmt, … Da das Hofpredigerhaus weiterhin als Witwenpalais für Fürstinwitwe Adelheid († 20.08.1858) diente, wollte Fürst Carl Friedrich seinem hochgeschätzten Hofprediger das Knappsche Haus, die Alte Vogtei von 1615, anbieten. Erst seit 1853 ist dieses Gebäude also das Kirchberger Stadtpfarrhaus. 1865/67 ging es in das Eigentum der [württembergischen] Staatsverwaltung / Staatsfinanzverwaltung, Württembergischer Kirchenrat über. Im Zwinger (Garten) auf der Südostseite konnte eine von Stadtpfarrer Bosch schmerzlich vermisste Laube untergebracht werden. Zum Bezug fanden Schönheitsreparaturen, wie sie bis heute üblich sind, statt. Auch der Standard des Witwenpalais und der
Dienstwohnung im Langen Bau wurde übernommen.
1899 gab es zahlreiche Gründe für eine Generalsanierung.
Bis 1899 waren alle Kamine im Haus auf die Holzbalkendecken des Erdgeschosses „aufgesetzt“ gewesen. Es gab drei Kamine:
1.) Einen über dem Waschhaus mit Backofen (Vorgängerbau der Garage). Im darüber liegenden Amtszimmer der Vögte und der Domänenräte stand auch ein Ofen. Pfarrer Schnitzer hatte 1896 dort auf eigene Kosten ein Bad einrichten lassen, als die neue gusseiserne Wasserleitung in Kirchberg verlegt wurde. An diesen Kamin war auch der Ofen in der vor diesem Zimmer im Hauptgebäude gelegenen Kanzlei (bis1853), dann Wohnzimmer der Pfarrer, 1896 Schlafzimmer, angeschlossen.
2.) Der zweite Kamin mit Vorkamin war im Treppenhaus auf die Decke des 1. OG 1797 aufgesetzt worden. Er entsorgte die Rauchgase der dunklen Küche im 1. OG, die mittig auf der Südseite gegen den Winkel zum Nachbarhaus gelegen war. An diesen Kamin waren insgesamt 4 Öfen und eine Räucherkammer im DG angeschlossen.
3.) Ein dritter Kamin mit Vorkamin wurde dann 1853 zum Beheizen der nach Osten ausgerichteten Räume, aufgesetzt auf die Decke des EG, errichtet. Im 4. Plan – 3. Änderungsplan von 1904 – ist dieser Kamin auf die Kellerdecke durchgezogen.
1899 reichte kein Kamin bis ins EG. Neue sicherheitspolizeiliche Vorschriften verboten aus einsichtigen Gründen derartige Kamine. Alle Kamine waren „(be)steigbar“: Der Schornsteinfeger musste durch die Kamine mit 45 cm x 45 cm lichten Querschnitt klettern und den Glanzruß abschlagen. Die mit Türen versehenen Vorkamine sorgten dafür, dass nicht allzu viel Ruß in die Zimmer gelangte. Die geplanten neuen Kamine hatten nur mehr einen lichten Querschnitt von 25 x 25 cm. Maurermeister Wengert führte sie aus.
Brüchige, sehr schlechte und verwurmte Bödseitböden (Beidseitenböden, Böden die nachdem sie gewendet worden waren, wiederverwendet wurden), mussten ausgewechselt werden. Schreinermeister Rupprecht ersetzt sie durch Pich-pine-Böden. Gipsermeister Cornelius Pulvermüller führte u. a. auch den Verputz im vom Saal abgeteilten Studierzimmer im 2. OG aus. Schlossermeister Füchtner, 1901 Nachfolger des Schlossermeisters Carl Pfeiffer, fertigte u. a. Schuhe für die Stuhlsäulenfüße, die den Dachstuhl stützten und die Winkeleisenträger für die Kamine. Flaschnermeister Friedrich Pfeiffer führte die Arbeiten an der Wasserver- und -entsorgung und den Dachrinnen aus, Hafnermeister Keim versetzte einen neuen Hafnerofen (Kachelofen). Zimmermeister Probst, Hornberg/Kirchberg (Vorgänger von Ehrmann, Philipp) verantwortete die Dachsanierung.
Der Dachstuhl war stark vermodert und verwurmt. Das Dach musste abgedeckt, Pfetten und Sparren teilerneuert werden. 500 neue Dachplatten wurden benötigt.
Ungeklärt war ferner die Finanzierung der Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung. Eine Abortgrube war nicht unterzubringen. Wie 1615 entsorgte ein Abwasserkanal die aus dem Winkel zwischen Pfarrhaus und Amtshaus (Schlossstr. 12) gesammelten Abwässer in einen „Pfarrgarten“ auf halber Höhe des Burgbergs. 1886 war die Abtrittsanlage saniert worden. Die Abtritte waren aus den Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen heraus in abgetrennte Räumlichkeiten verlegt worden. Marode waren aber die außenliegenden Fallleitungen im Winkel. Sie wurden ins Innere verlegt.
Seit Beginn der Elektrifizierung hatten württembergische Pfarrhäuser maximal 9 Brennstellen haben dürfen. 1911 installierte die Fa. Reisser, Stuttgart, nach langen Auseinandersetzungen mit dem Kirchenrat 6 Lampeninstallationen in trockenen und eine in feuchten Räumen. Es gab aber 24 Räume im Pfarrhaus. Noch 1930 gab es beim Umbau der Pferde- und Kuhställe des 17. Jh. zum Gemeindesaal ein rechtes Gerangel mit dem Oberkirchenrat um die vier weiteren Brennstellen.
Im Pfarrhaus war ferner ein neu bestellter Vikar unterzubringen. Das Vikarszimmer sollte 1899 die Kammer über der Küche im 1. Stock als „sogen(anntes) Vicarszimmer“ (Raum 20) heizbar gemacht werden. In den auf den Küchenherd aufgesetzten Kamin, der in der NW-Ecke des Vikarszimmers stand, führten auch die Rauchrohr aus dem Vikarszimmer und dem Zimmer Nr. 18, das in der nordwestlichen Ecke im 2. OG lag. In der südwestlichen Ecke des Vorplatzes ist im Plan vom 22.11.99 (StAL FL 410/1 Bü 1, Plan des K. Kameralamts Rot a/See vom 22.XI.99, 2. Stock, Anlagen-Nr. 2., ohne Unterschrift) noch der abzubrechende, mit einer Tür absperrbare Vorkamin eingezeichnet, über den der Schlotfeger zweimal im Jahr durch eine kleine, eiserne Kamintüre in den Kamin einzusteigen hatte, um ihn zu reinigen. Der abgekratzte Ruß verteilte sich bis 1910 in der Küche, denn vom Herd zum Kamin führte nur ein weites Schamotterohr ohne Klappe zum Schornstein im Eck. Im Zimmer (Raum 18, NW-Ecke 2. Stock) stand ein R.O. N° 6, der durch einen R.O. N° 87 aus dem Königlichen Hüttenwerk Wasseralfingen ersetzt wurde. Der R.O. (Regulierofen) Nr. 2 Bl. 1 in der über der Küche gelegenen Kammer genannt Vikarskammer (1904: R. 20) und der R.O. Nr. 3 Bl. VI im Zimmer Empfangszimmer (1904: R. 19) nördlich gegen die Straße, der von dort aus hätte befeuert werden können.
Die Kirchberger Handwerker unterboten den amtlichen Kostenvoranschlag über 190 M auf 158.59 M. Die Gesamtkosten der Verbesserung nach zehnjähriger Bauzeit beliefen sich auf 1.633.70 Mark, mehr als das Achtfache des Kostenvoranschlags und mehr als das Zehnfache der Angebotssumme.
Noch vor Abschluss der Renovierungsarbeiten ließ sich Stadtpfarrer Schnizer am 5. Juli 1910 auf eigenen Wunsch als Stadt-Garnisons-Pfarrer nach Mergentheim versetzen. Sein Nachfolger wurde Stadtpfarrer Dietz (1911-1936).
Hans Friedrich Pfeiffer, 28.07.2024 Fortsetzung folgt




