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1549 – Zur Geschichte der Burgkapelle

21. Apr. 2024

1549 – Die Burgkapelle wird in einem Schreiben des Obervogts an Dinkelsbühl als „sehr kleine Kirche“ erwähnt. Der Vogt versuchte deutlich zu machen, dass die Kapelle mit ca. 40 m² Fläche (20 Fuß max. Spannweite des Kehlgebälks, max. 30 Fuß Länge), mit drei Altären (Maria, Katharina (?) / St. Georg (?), Nikolaus) und, wie für ritterliche Burgkapellen üblich, höchstwahrscheinlich ohne Apsis/Chor, zu klein für alle Kirchberger Bürger/Armen war. (StadtA Dinkelsbühl. Briefe Kirchberg, vom 3. Dezember. - Sa/Sch-Sch, 282 f.)


Zwischen 1265 und 1267 hatten Raben I von Sulz-Kirchberg und Agnes geb. von Nordenberg ihre für Ritter obligate Burgkapelle (sacellum privatum, kein öffentliches oratorium) erbauen lassen. Schwiegervater Lupold von Nordenberg bezahlte den Bau. Archivalische Hinweise darüber gibt es nicht.


Schaeff-Scheefen gibt „von 700 bis 730“ bzw. „1200“ und „im Anschluß an den Bau der Burg der Herren von Kirchberg etwa im Jahre 1240“ als Bauzeit einer „Kapelle auf dem Kirchberg“ an. 1240 gab es aber noch keine Herren von Kirchberg. Amtmann Fromm, der Verfasser der Oberamtsbeschreibung Gerabronn (1847), hatte irrig „Kesselberg“ als „Kirchberg“ gelesen. 1240 kann also in Kirchberg keine Kapelle (wiederauf)gebaut oder erweitert worden sein. (Sa./Sch.-Sch. 51). Der Irrtum hält sich hartnäckig.


Nach einer Vereinbarung zwischen dem Vatikan und dem Reich von 1220 („Confoederatio cum principibus ecclesiasticis“, vgl. Pfeiffer 2016, 148) durfte der Zugang zu einer (öffentlichen) Kapelle nicht durch eine Burg verbaut werden. Wenn von 1255 bis 1265 die Burg Kirchberg errichtet worden war, kann vorher, „um 700“, auf dem Kirchberg keine Kapelle gestanden haben. Die Kirche, d.h. der Bischof in Würzburg und Herzog in Franken, hätte zwingend die Schleifung der neuen Burg „kraft königlicher Machtvollkommenheit“ durchsetzen müssen. Der gegen Reichsrecht verstoßende Bauherr Raben I. von Kirchberg wäre enteignet und bestraft worden.


Vermutlich wurde die Burgkapelle nach dem Verkauf Kirchbergs 1398 an die drei Reichsstädte zur „Kirche“ für die Städtlesleut umfunktioniert, obwohl Herr Konrad (Cunz) von Kirchberg, Ritter 1342 in Rothenburg und auf Burg Seldeneck, Raben V. von Kirchberg, 1351 verheiratet mit Agnes von (Kocher-)Stetten. 1363 auf Burg Sulz, 1379-81 brandenburgischer (Burggräflich-Nürnberger) Amtmann auf Colmberg und Stiftsherr im Stift Feuchtwangen († vor 1398), Fritz von Kirchberg auf der öttingischen Neuenburg (Neuberg bei Oberspeltach, abgegangen), und die Kinder ihrer Schwestern, darunter Rab(an) v. Willenholz (Wildenholz bei Schnelldorf), 1367 Dekan zu Feuchtwangen; Raban von Vellberg, S. d. Seifried von Vellberg alias Seifried von Pfahlheim; Ravano von Neuenstein (gen. 1287-1305, Ehefrau Hedwig v. Kbg., Söhne: Raveno von Neufels, Herold, Konrad) das Eigentumsrecht daran weiterhin beanspruchten.


Nachdem ihnen Gottfried und Ulrich von Hohenlohe den Zugang zur Burgkapelle, zu Ulrichs Stadt Kirchberg und seinem Schloss dauerhaft verwehrt hatten, beschlossen die Nachkommen des nachmaligen Bischofs Raben von Eichstätt, Truchsess von Wilburgstetten (1365 - †1383, alias der als Truchsess adoptierte Halbwaise Raben IV. von Kirchberg, *1295 auf Burg Greifenberg bei Gründelhardt) 1377 die Kapelle um 80 fl. (ca. 400.000 €) zu verkaufen. Der hoch verschuldete Edelfreie Ulrich von Hohenlohe konnte aber den vereinbarten Kaufpreis nicht bezahlen. Das hinderte ihn nicht daran, 1398 auch die Burgkapelle der Herren von Kirchberg und die Kaplanei St. Katharina im Tal, die dem Stift Neumünster in Würzburg gehörte und deren Vogt Adam von Kirchberg, Amtmann in Feuchtwangen, öttingischer und kaiserlicher Rat war, laut Kaufvertrag mit an die Reichsstädte zu verkaufen.


Die Kapelle Unser lieben Frauen war nie eine Wallfahrtskapelle. Wie generell alle Kirchgänger wallten auch die aus Kirchberg zur Kirche. Soll heißen: Sie zogen sich anständig an und gingen (andächtig) zur Kirche. „Wallfahrt“ kann und darf dieses alltägliche „Wallen“ nicht genannt werden, auch wenn G. H. Schaeff-Scheefen und St. L. Grüner das so verstanden haben wollen. (Lexer, Mittelhochdeutsches Wörterbuch).


Der Kirchberger Kaplan durfte zwar seit 1413 (Kaplan Heinrich Hertlin) nachts das Sterbesakrament (Krankensalbung) reichen. Er durfte die Morgenandacht (Frühmesse) halten, auch predigen und Kinder (not)taufen. Die Kommunion (Abendmahl) durfte er nicht reichen, auch nicht firmen und Eheleute trauen. – Eine Wallfahrt schließt i.d.R. mit der Gnadenzusage (z. B. Zusage der Sündenvergebung, „Ablass“) und der Kommunion ab. Der Kirchberger Kaplan war dazu nicht berechtigt, ihm fehlte die nötige Priesterweihe. Zur Kommunion kamen die Priester (Vollgeistliche, Pfarrer) von Lendsiedel, Vellberg, auch die von Ilshofen und der

Reichsstädte (?) an den Festtagen hierher.


Kirchberg war bis Februar 1551 eine geschlossene Stadt. Ausländer, auch wallfahrende, hätten die sechs Stadtwächter nicht eingelassen. – 1505 z. B. musste Schwäbisch Hall schriftlich per Reiterboten von Rothenburg und Dinkelsbühl die Genehmigung einholen, dass Schenk Albert (Albrecht) von Limpurg auf Schloss Gaildorf, der wenige Leibeigene in der Pfarrei Lendsiedel und den zugehörigen Kaplaneien Kirchberg, Beimbach, Gaggstatt und Mistlau besaß, sich selbst ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten machen durfte. Einer Erhebung der Kaplanei Kirchberg zu einer Pfarrei musste er zustimmen. Traf zu, was Hall erklärte: Die Kapelle sie zu klein für die Bürgerschaft, sie müsse ins Städtle verlegt und zur Pfarrkirche zu erhoben werden? An den anfallenden Kosten hätte er sich wohl auch anteilig beteiligen sollen. Minem Herrn Schenck Albert wurde dann Herberg zugeschrieben, d. h. er durfte in Kirchberg übernachten. (StadtA Sha 4/a 14, Nr. 315, 23.04.1505). – Dies ist die einzige derartige über Jahrhunderte dokumentierte Erlaubnis in den Haller Rechnungsbüchern. Aber jeder auswärtige Wallfahrer hätte eine entsprechende Genehmigung gebraucht.


1413 durften die Kirchberger wegen der Tannenberger Fehde die Stadt nicht einmal verlassen, um die Messe in Lendsiedel zu besuchen. Auch der Lendsiedler „Meßpfaff“ wurde nicht in die Veste gelassen. Es bedurfte des päpstlichen Legaten Kardinal Hack um durchzusetzen, dass der Lendsiedler Messpfaffe an den traditionelle Festtagen wieder die Messe in der Schlosskapelle lesen, sowie Taufen (erst 1535 ein erster Taufstein in UlF), Eheschließungen und Bestattungen (alles in Lendsiedel!) für Kirchberger vornehmen konnte. (Sa./Sch.-Sch. 53, 77).


Der Pfarrer (Rektor der Kirche) in Lendsiedel war der Vorgesetzte des Kirchberger Kaplans. Die Herren von Vellberg waren die Kirchherren in Lendsiedel, mit Rechten am Kleinen Zehnten in Kirchberg. Vellberg hätte bei der Erhebung der Kaplanei Kirchberg zur Pfarrei ebenso wie ihre Lendsiedler Pfarrer auf alte Rechte und ein erhebliches Einkommen verzichten müssen. Einer Verlegung der Kapelle in die Stadt hätten sie zustimmen und diese grundsätzlich sogar mitfinanzieren müssen. Hall verhandelte 1503, 1511, 1518 deswegen mit Vellberg – in Hall, nicht in Kirchberg. (1511 Fertigstellung des Neubaus der Kirche in Lendsiedel.)


Erst 1612 wurde auf Betreiben der Fürstin Elisabeth, Witwe des Grafen Friedrich von Hl.-Langenburg, der Vorgängerbau der Stadtkirche durch Graf Philipp Ernst von Hohenlohe-Langenburg errichtet. Die Burgkapelle wurde 1614/15 abgebrochen.


Hans Friedrich Pfeiffer, 21.04.2024 Fortsetzung folgt


Photo von: https://www.schloesser-burgen-ruinen.de/baden-wuerttemberg/landkreis-schwaebisch-hall/schloss-kirchberg-an-der-jagst/

Veröffentlicht in Amtsblatt KW 17



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